Die Pferde
Wir werden auch in diesem Jahr ab Anfang April wieder neue Pferde von unserer Warteliste in unsere
bestehende Herde aufnehmen können.
Auf Wunsch können wir Ihre Stute / Ihren Wallach gern auf unsere Warteliste setzen. Bitte senden Sie mir bei Interesse eine Mail mit allen Informationen zu Ihrem Pferd ( Rasse / Größe, Alter, Stute / Wallach, Krankheiten oder Grund für Verrentung, ggf. Medikamentenbedarf, leichtfuttrig / schwerfuttrig / Futterunverträglichkeiten / Breiköstler, bisherige Haltungsform & Nutzung, Sozialverhalten ranghoch / rangnieder, bevorzugt Stuten oder Wallache, eher verspielt, lauffreudig oder verschmuster Mähnenkrauler mit Pferdekollegen usw.?
Frei werdende Plätze werden an Stallplatzbewerber nicht nach Wartezeit auf der Liste vergeben, sondern danach, wie gut das Bewerberpferd mutmasslich in unsere bestehende Herde passen und das Sozialleben bereichern würde, da mir ein friedliches & harmonisches Zusammenleben aus Rücksichtnahme auf unsere ältesten & kränksten Bewohner sehr wichtig ist.
Aus diesem Grund werden auch über Herbst & Winter freiwerdende Plätze nicht sofort neu besetzt, sondern erst zu Beginn der Weidesaison ( Aufnahmetermin Anfang April ), weil da die Eingliederung erfahrungsgemäß ruhiger verläuft, denn unseren "Alterchen" gegenüber fühlen wir uns besonders in der Pflicht, ihnen den verdient schönen Lebensabend zu ermöglichen.
Weil unsere Stuten & Wallache immer alle gemeinsam in einer Herde zusammen leben, haben wir definitiv keine Möglichkeit, Hengste zu halten, wir bitten daher diesbezüglich von Anfragen abzusehen.
La Luz Charismàtica |
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Ihr spanischer Name bedeutet "das Licht der Hoffnung" und sie ist seit ihrem Einzug im Frühjahr 2008 nicht nur mein absoluter Sonnenschein, sondern auch die kleine Prinzessin, der die Wallache der Herde wegen ihres Charmes jede Frechheit durchgehen lassen. Aus der ungewöhnlichen Mischung von Andalusier und Friese entstand eine Art wandelnder Schabernack, der nicht nur krankhaft neugierig ist, sondern auch übersprudelt vor Temperament und nie weiß wohin mit seiner Energie - dabei völlig unerschütterlich daran zu glauben scheint, dass die Welt gut ist und gar nichts Böses wollen kann. Muß ich sie wegen erwartungsfrohem Gehampel, übermütigem Losbocken und ähnlichen Vergehen ermahnen, kann sie auch das nie wirklich beeindrucken, ich bekomme maximal einen freudestrahlenden Blick, der zu sagen scheint:"Ich glaub`, Du meinst das Geschimpfe gar nicht so ernst, und ich habe das auch nicht mit Absicht gemacht, bestimmt hast Du mich trotzdem lieb!" ... und wenige Augenblicke später heckt sie gut gelaunt den nächsten Blödsinn aus! Als der Entfesselungskünstler unter meinen Pferden knotet sie jedes Führstrick los und öffnet die Karabinerhaken der Anbindeketten. Sie liebt Wasser, im Sommer springt sie wie ein Flummi im Galopp durch unseren Bachlauf, dass das Wasser nur so spritzt, und im Winter zerschlägt sie mit großer Leidenschaft die auf dem Wasser befindlichen Eisschollen mit ihren Vorderhufen. |
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Donat Venti Caesaries |
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Sein Name bedeutet "Er schenkt unserem Haar den Wind". Donnie kam 2010 auf unseren Gnadenhof, er ist mit über einsneunzig Stockmass unser Riesenbaby. Trotz seiner enormen Größe ist er das freundlichste Wesen, das man sich denken kann, und absolut sozial zu anderen Pferden, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit von oben bis unten abschleckt.
Der verspielte Youngster schafft es mit seiner sanften Art oft genug zu unserem großen Erstaunen und zu unserer Freude selbst die ältesten Herdenmitglieder noch zu einem kleinen seniorengerechten Spielchen zu überreden. Selbst wenn er natürlich auch die eine oder andere Runde wilde Kampf- und Laufspiele mit den fitten Frührentnern veranstaltet, so läßt Donnie sich aber auch mit Vorliebe von den Alterchen bei einer Runde "Packen Spielen" im Senioren-geeigenten Zeitlupen-Trippel-Trab-Tempo verfolgen und in den Po zwicken, wobei er selbst vergnügt vorraushüpft und herumspringt wie ein übermütiges Ziegenböckchen. Dabei ist verblüffend, wie er bei allem jugendlichen Übermut im Zweifelsfall so sanft mit unseren Oldies umgeht, als wären sie zerbrechlich wie Glas, so dass sich von den älteren Herrschaften keiner überfordert fühlen muß. Seine verträumt - tollpatschige Art bringt uns immer wieder zum Lachen, da man bei ihm nie sicher sein kann, dass er nicht im nächsten Moment aus Versehen über seine eigenen Füße fällt, weil er gerade einem Schmetterling hinterher guckt. |
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Belissio |
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Der erst 7 Jahre junge Belissio hatte eine glänzende Karriere als Turnierpferd vor sich, als er zunehmend Rückenprobleme bekam und sich unter dem Reiter mehr und mehr verweigerte. Der sonst stets bemühte Belissio zeigte seine Schmerzen unter dem Reiter aber nicht durch Bocken oder Steigen wie andere Pferde, sondern netterweise nur durch Stehen bleiben, wenn er unter dem Sattel nicht mehr konnte und dadurch, dass er bei unerträglich werdenden Rückenschmerzen in der Box mit dem Kopf gegen die Wand schlug, um einen Gegenschmerz zu erzeugen. Am Ende wurden bei ihm so gravierende Kissing Spines in der Sattellage diagnostiziert, dass sofort klar war, dass er als Reitpferd nie mehr geeignet sein würde, weshalb er bei uns in Frührente ging. Wir hoffen, dass er ohne Reitergewicht hier weitgehend schmerzfrei leben kann und dass die andauernde leichte Bewegung in unserer aktivierenden Haltungsform ihm auf lange Sicht gut tun wird. In unserer Herde ist Belissio trotz durch sein jugendliches Alter bedingter Unsicherheit in neuen Situationen einer der Ranghöchsten. Er sorgt nicht nur in der Gruppe zusammen mit Chef Lazard für Ordnung, sondern spielt gern mit den anderen jüngeren Wallachen Kampf - & Laufspiele und hat auch mehrere Stuten, mit denen er freundschaftlich Mähnchen krault. | |
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Khaltraa |
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Die temperamentvolle kleine Mongolenstute mit der langen schwarzen Wuschelmähne und den weise dreinblickenden Augen hat schon ein recht bewegtes Leben hinter sich und ist weit gereist: Einst im Zoo in Münster als Rarität gehalten, dann als Reitpferd in der Schweiz gelebt, ist sie nun nach erneut weiter Reise bei uns in Ostwestfalen-Lippe gelandet, wo sie ihre neu gewonnenen Freiheiten in vollen Zügen zu genießen scheint. Trotz ihres so gemütlich wirkenden Äußeren ist Khaltraa ein kleines Energiebündel, das langsamen Schritt offensichtlich für überbewertet hält und alle Wege in unserer weitläufigen Offenstallanlage im zügigen Zuckeltrab zurücklegt, weil es ihr offensichtlich nie schnell genug geht - wo Khaltraa ist, ist immer etwas los! Charakteristisch ist auch, dass Khaltraa kaum einmal zur Ruhe gekommen und endlich mal friedlich an einem Platze stehend, unvermittelt den langen Haarschopf wild schüttelt, dabei laut prusst und dann ohne Vorwarnung losbockt und im wilden Wettrennen über die Weide flitzt, antretend mal gegen andere Herdenmitglieder, oft aber auch gegen Wildpferd-Konkurrenten aus den unendlichen Weiten ihrer heimatlichen mongolischen Steppe, die wohl nur sie selbst sehen kann, während diese für unsere Menschenaugen unsichtbar sind ... Khaltraa kann durchaus manchmal eine kleine Zicke sein, die ihre Herdengenossen auch mal laut quietschend, mit entrüstet angelegten Ohren und mit dem Schweif wütend propellernd in die Schranken weist, jedoch gelingt es ihr fast immer, durch ihre ungewöhnlich starke Mimik und sehr eindeutiges Ausdrucksverhalten als Sieger aus den alltäglichen kleineren Diskussionen innerhalb der Herde hervorzugehen, weshalb die anderen Pferde sie trotz ihrer geringen Körpergröße ohne Zögern von Anfang an als ranghoch anerkannt haben. Dann auch wenn Khaltraa die ursprüngliche Heimat ihrer Rasse wohl nie zu sehen bekommen wird, ist sie durch die Gene ihrer mongolischen Ahnen tief im Herzen doch immer ein kleines Wildpferdchen geblieben. |
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Pawel |
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Der hübsche Falbe Pawel kam einst als polnisches Importpferd zu seiner Besitzerin, und obwohl sie sich viel Mühe gab, ihm artgerechte Haltung zu bieten und auch diverse durchaus qualifizierte Trainer ausprobierte, fand der freizeitgerittene Pawel über die Zeit immer weniger Spass an den gemeinsamen Reitstunden, während er gleichzeitig bei leichter Bodenarbeit von Horsemanship über Zirkuslektionen bis Stangenslalom begeistert mitarbeitete. Nach längerem Hin- und Her stellte sich heraus, dass der gut erzogene Pawel sowohl an Kissing Spines als auch an Spat und zusätzlich noch an der Hufrolle erkrankt war, weshalb seine Besitzerin sich entschloss, ihn in Frührente zu schicken, da sie entgegen den Beteuerungen des Haustierarztes den Eindruck hatte, dass der sonst so liebe Pawel beim Reiten vielleicht doch Schmerzen haben könnte und daher in eine Art Verweigerungshaltung verfiele. Bei uns auf dem Gnadenhof angekommen, stellte sich durch einen Zufall heraus, dass der liebenswürdige Pawel zusätzlich zu den anderen gesundheitlichen Problemen teils gravierende Herzrhythmusstörungen hat, die sein untypisch "faules" Verhalten unter dem Sattel mehr als erklärten. Durch ein von unserem Haustierarzt verordnetes seinem Zustand angepasstes leichtes Sportprogramm aus Spaziergängen an der Hand in Kombi mit Bodenarbeit hat sich sein Zustand zu unser aller Freude auf einem Level stabilisiert, auf dem er zwar kein Reitpferd mehr sein kann, aber sich wohlzufühlen scheint und keine erkennbaren Beschwerden, dafür aber umso mehr Lebensfreude hat. |
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Chumani |
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Die zierliche Chumani ist schon allein wegen ihrer ungewöhnlichen Färbung eine optische Bereicherung für unsere kleine Herde. Denn obwohl die hübsche Stute im Pass als Polnisches Warmblut deklariert wurde, erinnert sie eher an ein kunterbuntes Appaloosa mit Fleckchen und Tupfen in wirklich jeder irgend an einem Pferd vorstellbaren Farbe von schwarz bis weiß über die unterschiedlichsten Schattierungen von Grau- und Brauntönen, wobei noch hinzukommt, dass sich ihre Farbe mit jedem Fellwechsel deutlich ändert, mal dunkler, mal heller, mal grauer, mal brauner ...ein wahres Chamäleon! Unsere Chumani hat in ihrem Leben sowohl Höhen als auch Tiefen erlebt: Aus Polen nach Deutschland importiert hätte sie bei ihrer neuen Besitzerin ein schönes und abwechlungsreiches Leben als Freizeitpferd führen sollen und mit ihr gemeinsam Spass haben auf Wanderritten und vielem mehr. Leider war ihr gemeinsames Glück nicht von langer Dauer, denn vereiterte Backenzahnwurzeln verursachten eine wahre Odyssee durch mehrere Kliniken und erst nach monatelangen nervenaufreibenden Behandlungen konnten die von resistenten Keimen verursachten schweren Eiterungen unter Kontrolle gebracht und die für Chumani sicherlich ein Stück weit traumatischen Behandlungen abgeschlossen werden. Obwohl bestimmt alle immer nur das Allerbeste für Chumani im Sinn gehabt hatten, waren sowohl die Stute als auch die Besitzer-Pferd-Beziehung danach nicht mehr die Selbe. Aus dem selbstsicheren und umgänglichen Stütchen war ein hysterisches Nervenbündel geworden, was aus geringstem Anlass entweder sein Heil in der Flucht suchte und unbremsbar panisch losrannte oder was in einer Art Totstellreflex mit im Mondblick gen Himmel verdrehten Augen im höchsten Stress erstarrte und auf keine Ansprache mehr reagierte. Die sehr ums Wohl ihrer geliebten Stute bemühte Besitzerin und auch ihre höchst engagierte Trainerin haben lange darum gerungen, mit geduldigem und liebevollem Training einen für alle Beteiligten zufrieden stellenden Status quo wiederherzustellen. Aber am Ende wurde gemeinsam die Entscheidung getroffen, Chumani die Chance zu geben, im Sozialverband einer Herde auf unseren Weiden ein anderes, freieres Leben als in einer Box zu führen und hoffentlich dabei endlich wieder eine Art inneren Frieden mit sich selbst zu finden - und wir drücken der wunderbaren Chumani alle Daumen, dass ihr dies in der Einflusssphäre ihres neuen und allzeit tiefenentspannten Freundes Pawel auch gelingt. |
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Ronja |
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Unser gemütliches Moppeltier Ronja ist eine waschechte original Schwarzwälder Fuchsstute und obendrein aus einer besonders schweren Linie von Holzrückepferden abstammend. Obwohl sie ein Herz aus Gold hat und optisch wie vom Gemüt ein wahres Prachtexemplar von einer "Schwarzwälder Kirschtorte" ist, brauchte die hübsche Dunkelfuchsstute viel Glück und engagierte Tierschützer, um in letzter Minute vor dem Schlachter gerettet zu werden. Sie hatte wohl gehofft, am neuen guten Platz auf Lebenszeit bleiben zu können, doch als ihre Weide zu Bauland umdeklariert wurde und verkauft werden sollte, mußten ihre Retter die freundliche Stute und ihren kleinen Pferdekumpel Cayenne doch noch ein hoffentlich allerletztes Mal umziehen lassen und so zogen die beiden bei uns auf dem Gnadenhof ein. Schneller als erhofft fügte Ronja sich in die neue Pferdefamilie ein, gewann einen Platz in unseren Herzen und neue Pferdefreunde, lief mit der Herde unsere Bergweiden hinauf ... sehr zum Schmunzeln aller Zuschauer, denn wo die Sportpferde und Vollblüter den Berg im Affenzahn hoch- und runtergaloppierten wie ein Wirbelwind, folgte Ronja zwar hellwachen Blickes der davonstürmenden Herde, aber ganz ihrer Abstammung entsprechend im geruhsamen Schritt mit der tiefenentspannten Gelassenheit eines Brauereipferdes. Inzwischen hat die einst so behäbige Ronja aus dem beim Einzug reichlich vorhandenen Speck dank unserer Hangweiden kräftige Muskelpakete gemacht und dadurch die Energie gewonnen, dass sie manchmal, wenn es wirklich dringend ist ( natürlich nicht immer, aber eben manchmal ), manchmal trabt unsere Ronja dann freiwillig den Berghang hoch. Wir drücken Ronja die Daumen, dass sie das noch sehr viele Jahre genau so tun kann, auch wenn es wohl immer nur "manchmal" sein wird, weil man eben aus einem waschechten original Schwarzwälder Kaltblut kein Rennpferd machen kann. Doch wer Ronja einmal kennengelernt hat, so wie wir sie kennen und lieben gelernt haben, der würde auch gar nicht wollen, dass Ronja sich ändert, denn sie ist genau so perfekt, wie sie eben ist, auf ihre einzige und unnachahmliche schwarzwälder Art. |
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Lobelia |
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Als die edle lackschwarze Schönheit mit dem charakteristischen Keilstern bei uns einzog, brachte sie direkt am ersten Nachmittag alle Anwesenden zum Schmunzeln. Denn obgleich die ausgesprochen üppige Figur des vom Knochenbau her ursprünglich eher grazilen Sportpferdes durchaus behaupten ließ, dass Lobelia in der letzten Zeit in ihrer Box im alten Stall wahrscheinlich keinen Hunger gelitten hatte, trennte sie sich nur sichtlich ungern vom restlichen Heu im Heunetz auf dem Transporter, um dann kaum im neuen Stall angekommen sich spontan mit ausgeprägtem Heißhunger auf das eingestreute Stroh und das Heu in der nächsten Raufe zu stürzen - wohlgemerkt alle neugierigen Blicke der zum Kennenlernen an den trennenden Zaun eiligst herankommenden aufgeregten Pferdeherde völlig tiefenentspannt ignorierend! Da Lobelia der am ersten Tag demonstrierten Maxime "erstmal gemütlich essen, danach kann man immer noch weitersehen" auch in der Folgezeit treu blieb, verlief auch die Eingliederung in die Herde sehr tiefenentspannt, denn jegliche Aufregung glitt an Lobelias unvermindertem Appetit ab wie Pancakes an einer Teflon-beschichteten Bratpfanne: Als sie die Nase erst einmal ins saftige Grün gesteckt hatte, ignorierte sie jegliche Annäherungsversuche und mampfte sich größtmögliche Zufriedenheit ausstrahlend durchs Frühlingsgras, wobei ihr völlig gleichgültig schien, ob da gerade ein fremder Wallach an ihrem Hintern schnupperte oder nicht? Wir haben selten eine Stute auf dem Hof gehabt, der selbst die bei anderen Stuten übliche gelegentliche hormonell bedingte Zickigkeit so völlig wesensfremd ist wie unserer immer freundlichen Lobelia, die sich wahrscheinlich gerade aufgrund der ihr eigenen Verfressenheit innerhalb der sozialen Gruppe allergrößter Beliebtheit erfreut - wer gerade mit vollen Backen selig kaut, gibt eben keine Widerworte. Auch im Umgang mit Menschen ist Lobelia völlig unproblematisch, denn ihre Maxime lautet auch hier: "Solange Du Leckerlies bietest, dulde ich gern, dass Du an mir herumstreichelst, striegelst oder meine Hufe befummeln möchtest und halte mustergültig brav still!" Ihre Menschen müssen nur darauf achten, dass der kulinarische Nachschub gesichert ist, denn sonst hat Lobelia "fertig" und möchte bitteschön zeitnahe wieder zum Gras zurückkehren. Dabei ist Lobelia durchaus keine unsportliche Tranfunzel, im Gegenteil hat sie durchaus auch zwischendurch einmal großen Spaß daran, mit der ganzen Herde im gestreckten Galopp die Berghänge hochzudonnern oder sich ausgiebig bockend auszutoben - sie achtet nur sehr genau darauf, auf gar keinen Fall zu versäumen, bei solchen Aktivitäten verbrannte Kalorien dem Körper auch zügig wieder zuzuführen. |
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Fryda |
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Für Fryda war eine Karriere als Springpferd geplant, bis sich herausstellte, dass die zierliche Stute durch einen Leberschaden und Nervenausfälle in der Hinterhand kein Turnierpferd mehr würde sein können. Deshalb wurde sie zusammen mit ihren Frührentner-Pferdefreunden Bravissimo und Thasary in unsere Herde aufgenommen, wo sie ihr Leben als Frührentnerin genießt. Erst schüchtern, dann zunehmend vorwitziger erkundete sie schon bald die Möglichkeiten, die die neue freiere Haltungsform ihr bot, und freundete sich dabei rasch mit unserer Mongolenstute Khaltraa an. Khaltraa ist nicht nur im Herzen ein Wildpferd geblieben und immer für jeden Blödsinn zu haben, sondern auch eine engagierte Lehrkraft in Wildpferdfähigkeiten, und so hatten wir alle immer wieder viel zu lachen, als Khaltraa beschloss, der überaus skeptischen & wasserscheuen Nichtschwimmerin Fryda die Vorteile eines Fußbades im Fluss nahezulegen und die sich windende und wiederstrebende Fryda so lange energisch vor sich her ins fesseltiefe Wasser schob und dann mit sichtlichem Vergnügen um sie herum plantschte, unter Wasser Luft aus den Nüstern prustete und mit den Hufen auf die Wasseroberfläche klatschte, dass das Wasser nur so spritzte, bis Fryda irgendwann ihren Widerstand aufgab und vorsichtig mit zu plantschen begann, weil ihr klar wurde, dass sie einerseits sowieso patschnass werden und andererseits nicht ertrinken würde. Aber auch beim Lieblingssport "Wettbocken und um-die-Wette-Rennen über die Weide" sind die beiden Freundinnen ein Bild für die Götter, wenn Fryda mit den eleganten weitausgreifenden Galoppsprüngen des hoch im Blut stehenden Sportpferdes große Runden in rasantem Tempo vorgibt und Moppeltier Khaltraa mit der stakkatohaft- kurzbeinigen Gangart einer wildgewordenen Nähmaschine gnadenlos die Kurve innen abkürzt, um nicht nur Fryda am Ende eine Nasenlänge voraus, sondern auch mächtig stolz darauf zu sein! Hier zeigt sich Frydas wahre Größe, wenn sie großzügig darauf verzichtet, Khaltraa ein zeitnahes Date mit Waage und Spiegel vorzuschlagen, und stattdessen die gutherzige Freundin mit dem goldenen Herzen am rechten Fleck beweist und ohne Kommentar über Geschwindigkeiten höflich lächelnd zu einer Runde Mähnenkraulen einlädt und dabei auch noch darauf achtet, sich selbst am Berghang unterhalb der kleineren Khaltraa aufzustellen, damit die Freundin auch bequem mit den Zähnen hinlangen kann. |
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Bravissimo |
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Der feuerrote Bravissimo mit den 4 wie angemalt gleichhohen weißen Söckchen und dem hübschen Stern auf der Stirn sollte angeblich ein Überflieger-Dressurpferd sein, aber schnell musste seine Besitzerin einsehen, dass der Plan von den zu gewinnenden Blumentöpfen so überhaupt nicht mit Bravissimos privater To-Do-Liste übereinstimmte. Aufgrund eines Wirbelsäulenproblems war von Bravissimos Seite aus genau genommen nicht nur keine Karriere im Turniersport vorgesehen, sondern eigentlich war er noch nicht einmal davon zu überzeugen, dass ein Leben als Freizeit-Reitpferd für ihn eine in Frage kommende Option darstellen könnte. Selbst als die Besitzerin endlich nach zähem Ringen sein Vertrauen und seinen Respekt gewonnen hatte, blieb es schwierig mit dem Nervenbündel Bravissimo, und so kam er als Frührentner in unsere Herde. Da sein Verhalten in der Gruppe anfangs teils an einen sozial gehandicapten Autisten erinnerte, brauchte er auch hier fast ein Jahr, bis er nicht mehr zwischen überforderungsbedingter Panik-Überreaktion und machohaftem Rowdytum hin und her schwang, sondern langsam die Pferdesprache mehr und mehr lernte und verstand, wer wo in der Rangordnung stand, und so konnte auch er am Ende seinen Platz in der Herde, neue Spielkameraden und damit am Ende auch zu innerer Ruhe finden. |
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Thasary |
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Die freundliche Thasary hat sich wahrscheinlich in ihrem Leben immer allerbeste Mühe gegeben, alle Erwartungen zu erfüllen und es allen Recht zu machen. Leider hatte sie immer wieder das Pech, dass es trotzdem nie so ganz gereicht hat: Mit einer Abstammung von lauter lustig bunt gefleckten PintoPaints wurde sie geboren ... und war bei aller Mühe, die sie sich gegeben hatte, leider nicht wirklich gescheckt, sondern am ganzen Körper lackschwarz bis auf einen ganz winzig kleinen weißen Fleck am Hinterbein, so winzig, dass ihn auch ein gutwilliger Betrachter nur bei genauester Inspektion finden wird. Als sie vom Züchter verkauft wurde, um einen Job als Reitpferd anzutreten, war sie hochengagiert, alles richtig zu machen und hat sie sich bestimmt wieder alle Mühe gegeben ... und es hat wieder nicht so richtig gereicht, denn aufgrund eines Rückenproblems musste Thasary vorzeitig in Frührente gehen. So kam sie zu uns auf den Hof und hat sich sofort wieder alle Mühe gegeben, wollte alles richtig machen und was soll ich sagen: Zum ersten Mal in Thasarys Leben hat es gereicht. Thasary hat alles richtig gemacht. Sie hat unsere Erwartungen mehr als erfüllt. Thasary ist ein fantastisches Herdenmitglied und wir hoffen alle, dass es noch lange so bleibt, denn für uns ist sie einfach so wie sie ist und ganz ohne Anstrengung schon alles das, was wir uns nur von einem Pferd in unserer Herde wünschen können. Thasary ist unglaublich sozial, sie ist immer höflich zu den ranghöheren Pferden, sie ist rücksichtsvoll zu den Alten und Kranken. Sie flirtet mit allen Wallachen, sie krault Mähnchen mit den Stuten und spielt Wettrennen mit den fitten Frührentnern. Kaum jemand leckt die Futterrinne so gründlich aus, nachdem es Mash gab, oder knabbert so dekorative Rindenstreifen von den Obstbäumen. Niemand sonst könnte so wunderschön aussehen nassgeregnet mit Kletten in der Mähne und Matscheflecken im Fell. Doch das Allerwichtigste ist: Sie hat endlich etwas gefunden, was sie perfekt macht, ohne sich groß anstrengen zu müssen. Sie ist ein kluges Pferd, und sie weiß genau, dass sie es perfekt macht, und sie strahlt über ihr ganzes schwarzes Gesicht, denn sie ist so sehr stolz auf sich und endlich rundherum so richtig glücklich mit der Gesamtsituation. |
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Karlchen |
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Mit Gracioso vom Kreiswald alias Karlchen zog zum ersten Mal ein rassiger Südamerikaner bei uns auf dem Gnadenhof ein. Die Besitzerin hatte als bequemes Wanderreitpferd einen großen Isländer gesucht und der größte Isländer, den sie finden konnte, war nicht wie erwartet ein Gangpferd aus dem hohen Norden, sondern ein waschechter Mangalarga Marchador. Mit langer Wallemähne, freundlichem Wesen und südamerikanisch-feurigem Temperament hätte Karlchen sich durchaus in mein Herz traben können - wenn er denn traben würde! Ich bin früher immer davon ausgegangen, dass alles, was nicht eindeutig Schritt, Trab oder Galopp ist, nur eine Lahmheit sein kann. Im Laufe der Zeit musste ich von den Islandpferden lernen, dass es da wohl in Sonderfällen auch noch Tölt oder Pass zusätzlich geben kann, und ganz vielleicht wäre ich sogar bereit gewesen, einem reinrassigen Mangalarga Marchador den rassetypischen Marcha als quasi Tölt-ähnliche Gangart zuzugestehen. Karlchen jedoch hat eine ganz eigene Angewohnheit zu laufen, die eher an eine Art individuelle Einzelradaufhängung erinnert und wo jedes Bein in seinem eigenen Rhythmus schreitet-trabt-töltet-marschiert. Da Karlchen nun schon fast 30 Jahre auf diese unnachahmliche Weise seine Füße voreinander setzt und es dabei mit seiner Besitzerin im Sattel auf eine imposante Kilometer-Lebensleistung gebracht hat, scheint dieser spezielle Karl-Walk wohl doch keine Lahmheit zu sein, sondern eine absolut angemessene Art der Fortbewegung für einen im Odenwald geborenen Südamerikaner. Eigentlich ist es auch egal, wie Karlchen seine Beine bewegt - viel wichtiger ist, dass er gerne Mähne krault und Packen spielt und mit Wasser plantscht und durch seine liebenswürdige Lausbuben-Art neben Lieblingskumpel Follow und Lieblingsehefrau Goldy in kürzester Zeit so viele Pferdefreunde in der Herde gewonnen hatte, dass er nach kurzer Zeit schon bestens integriert war im Sozialverband ... und das ist viel besser als das langweilige Alleinsein, was er von früher kannte. Denn nur weil jemand der einzige Südamerikaner weit und breit ist, heißt das noch lange nicht, dass so ein Südamerikaner nicht auch einfach nur vollwertiges Mitglied in einer Herde sein möchte wie ein ganz normales Pferd. |
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Goldy |
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Nachdem die junge Besitzerin von Weltgold durchaus erfolgreich mit einem Reitpony auf Dressurturnieren Schleifen gesammelt hatte, wollte sie gern mit dem danach gekauften Großpferd wettkampfmäßig so richtig durchstarten. Weltgold hatte auch sicherlich jede nötige Veranlagung, mit durch´s Dressurviereck geschwebten M-Lektionen zu beeindrucken - was ihr allerdings ganz klar fehlte, war jegliche Motivation, auf auch nur einem einzigen Turnier anzutreten. Die kleine Mimose Goldy hasste Hängerfahrten, Goldy war überfordert von trubeligen Turnierplätzen und litt so offensichtlich unter dem Stress der Wettkampfsituation, dass die Pläne vom Dressurerfolg von einer verständnisvollen Besitzerin zeitnahe ad acta gelegt wurden, weil das Glück des Pferdes der Familie wichtiger war als eine erzwungene Leistung abzurufen. So blieben Goldy lange Jahre als nur freizeitmäßig gerittenes Familienmitglied, was der kleinen Prinzessin sicherlich lieber war als jede Dressurkarriere. Alle waren zufrieden mit diesem Arrangement, bis Goldys zuletzt dramatisch schlechter werdender gesundheitlicher Zustand und ihre zunehmenden Schwierigkeiten, eine Futteraufnahme ohne die ständig drohenden lebensgefährlichen Schlundverstopfungen zu bewerkstelligen, einen Umzug auf unseren Gnadenhof als letzte Lösung erscheinen ließ. Hier auf dem Hof wird Goldy zwar nicht wieder "wie neu" werden und altersbedingte Zipperlein in Punkto Herz, Leber und Bewegungsapparat bieten auch hier leider immer noch Dauerbaustellen genug, aber wenigstens klappt das Fressen wieder viel besser aufgrund des durch den Umzug stressärmeren Fütterungsmanagements und daher - toitoitoi - ohne weitere Zwischenfälle. Wir drücken dem goldglänzenden Sensibelchen alle Daumen, dass es noch lange auf endlich unbeschlagenen Hufen durch ihr neues Leben traben, ihrem Lieblings-Ehemann Gracioso gewissen Wallachen rossend den Kopf verdrehen und dabei zufrieden Karotten knabbern kann! |
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Leonidas |
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Das wunderbar rotgolden glänzende Sportpferd Leonidas mit den markanten weißen Abzeichen litt über etliche Jahre an wechselnden Lahmheiten und trieb mit ständig wechselnden und immer wieder unerklärlichen Problemen des Bewegungsapparates sowohl seine Besitzer als auch seine Tierärzte an den Rand der Verzweiflung, bis endlich nach vielen ergebnislosen Bluttests in einem Gelenkpunktat der wahre Verursacher allen Übels gefunden wurde: Eine chronische Borreliose verursachte dem armen Kerl schubweise Gelenkentzündungen. Leider war selbst nach der Diagnose diese Problematik durch Medikamente nicht mehr so in den Griff zu kriegen, dass eine komplette Ausheilung möglich gewesen wäre, daher entschied die Besitzerin, Leonidas auf unseren Gnadenhof umsiedeln zu lassen. Wir hoffen, dass Leonidas hier ein streßärmeres Leben als im Reitstall und damit auf längere Sicht hoffentlich weniger Einschränkungen durch Erkrankungsschübe, aber dafür umso mehr Spaß beim Toben mit seinen Kumpels haben wird. |
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Bonheur |
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Der wunderhübsche 7jährige Bonheur galt als durchaus schwierig unter dem Sattel, doch für seine geliebte Bereiterin gab er alles und trug sie als ihr Meisterpferd artig durch L-Dressur und L-Springen. Leider erst spät wurde durch ein Röntgenbild seinen Menschen klar, wie schwer ihm gefallen sein muss, so brav & tapfer für seine Menschenfreundin unter dem Sattel alles zu geben, denn eine 10 cm lange Knochenabsplitterung in der Halswirbelsäule hatte wohl nach einem unbemerkten Sturz oder Schlag gegen den Hals schon geraume Zeit Bonheurs Beweglichkeit unangenehm behindert. Eine Operation war durch unglückliche Lage der Absplitterung zwischen umgebendem Nervengeflecht nicht möglich. Weitere Nutzung als Reitpferd, geschweige denn Reiten auf dem zukünftig erhofften Leistungsniveau, war damit ab sofort völlig undenkbar, denn niemand wollte dem armen Schatz potentielle Schmerzen zumuten. Da Bonheur bei nur noch freier Bewegung als Frührentner auf einer Weide eine gute Zeit gefühlter Beschwerdefreiheit von den Tierärzten prognostiziert wurde, entschied sich die geschockte Bereiterin großzügig, den ihr ans Herz gewachsenen Pflegling in ihr Eigentum zu übernehmen, um ihm aus Dankbarkeit für seine großartige Leistungsbereitschaft unter widrigsten Rahmenbedingungen mit dem Einverständnis seines Vorbesitzers & Züchters wenigstens jetzt nach der Diagnose so lange wie irgend schmerzfrei möglich ein glückliches Pferdeleben frei von Leistungsansprüchen auf einem Gnadenhof zu finanzieren, ohne dass Bonheur Angst vor dem Schlachter haben muss. Bei uns auf dem Gnadenhof zeigt sich Bonheur als ein dem Menschen zugewandter dankbarer Bewohner und großes Spielkind, der auf der Weide nichts als Flausen im Kopf hat und sein Leben und das Spiel mit den jüngeren und junggebliebenen Herdenmitgliedern in vollen Zügen genießt. Jedoch hat der schwarzbraune Frechdachs uns inzwischen auch seine hochsoziale Seite gezeigt, denn als sein ab Einzugstag allerbester Freund und früherer Boxnachbar Leonidas schwer an einem Borrelioseschub erkrankte, wich er dem fiebernden Häufchen Elend nicht von der Seite und versuchte alles, den armen Leonidas durch Belecken und Beknabbern aufzumuntern und ihn zum Fressen zu motivieren, indem er nicht nur eine Portion vom gemeinsamen Heu, sondern sogar den Eimer mit dem leckeren Mash zum kranken Kumpel rüberschob und ihn anstubsend zum Fressen zu motivieren versuchte, anstatt die Köstlichkeit allein wegzuschlabbern. |
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Kanon |
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Mit dem in Polen geborenen Klein-Kanon zog bei uns erstmals ein waschechter Huzule ein und ist mit seinen neugierigen Ponyaugen unter dem üppigen zweifarbig-wuscheligen Langhaar ein bei allen Besuchern beliebtes echtes Original von den eifrig im Nähmaschinentakt trippelnden Hufen rauf bis zu den aufmerksam gespritzten Ohren. Wie es sich für ein Möchtegern-Wildpferd gehört, ist unser Youngster nicht nur extra-schick in der Sonderlackierung Graufalbe gefärbt, sondern trägt zumindest im Sommerfell sogar mit Stolz die typische Zebrastreifung an den Beinen. Was die Eingliederung in die Herde anging, war Kanon denkbar unkompliziert, denn kaum dem Pferdeanhänger entstiegen und in den Eingliederungsbereich geführt, begann er sogleich enthusiastisch mit seinen funkelnagelneuen Pferdebekanntschaften Bonheur und Leonidas auf dem Sandpaddock zu spielen. Ganz offensichtlich war Kanon sichtlich begeistert, nach der Haltung in der Einzelbox im alten Stall nun unbegrenzt sein Leben in Freiheit mit so vielen Pferdefreunden genießen zu dürfen? Da Kanon im Umgang mit seinen Menschen durch überragende Verfressenheit glänzt und jeden Zweibeiner, der in seine Nähe kommt, als allererstes sowohl sehr gründlich als auch überaus hartnäckig und notfalls unter vollem Körpereinsatz auf nahrhafte Beute zu durchsuchen pflegt, hat man kaum eine Chance, eines der bei unserem grauen Moppelchen hoch im Kurs stehenden aber aufgrund Hufrehegefahr streng rationierten Pferdeleckerlies versteckt in der Hosentasche an ihm vorbei zu schmuggeln - falls es Kanon bei uns in der Rentnerherde auf den Weiden des Gnadenhofes einmal langweilig werden sollte, sähe ich angesichts dieses Engagements durchaus die Chance einer erfolgreichen Zweitkarriere als Trüffelschwein oder Polizeispürhund? Aktuell jedoch wirkt Kanon rundum glücklich mit seinem Ponyleben, dass von entspanntem Grasen & Heu knabbern im Kreise der Pferdefamilie, wildem Wettrennen und Kampfspielen mit seinen behuften Freunden und gelegentlichen Besuchen seiner ihn liebenden Familie zum Betüddeln geprägt ist ... und natürlich davon, sich ab und zu im Regen tüchtig nassregnen und danach von der wärmenden Sonne den Pelz wieder trocknen zu lassen, denn um Stallgebäude macht Kanon - wenn er die Wahl hat - bevorzugt einen richtig großen Bogen, ganz so, wie es sich für ein Pseudo-Wildpferdchen gehört! |
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Cindy |
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Unsere Cindy ist mit dem hellcremefarbenen Fell und der zweifarbigen Wallemähne nicht nur aufgrund ihrer Cinderella-Optik ein wahrgewordener Kleinmädchentraum, sondern beeindruckt zusätzlich mit einem ganz bezaubernden Wesen. Als gelungene Kreuzung zwischen dem sportlich-eleganten Körperbau eines Connemara Ponys und der ansprechenden Farbe eines Norwegers hatte Cindy das große Glück, schon als kleines Fohlen von ihrer jetzigen Besitzerin gekauft zu werden, als diese nach just vorher absolvierter Kutschenfahrer-Ausbildung neben ihrem Reitpferd Guy noch ein Fahrpony suchte und sich spontan in Baby-Cindy verliebte. Im Nachhinein war es wohl nicht nur für die kleine Cindy ein Glücksgriff, ihr fast komplettes Leben bei der gleichen stets um sie bemühten Besitzerin verbringen zu dürfen, sondern auch für die Besitzerin war Cindy ein Glückstreffer, weil nachdem Guy altersbedingt nicht mehr geritten werden konnte, entpuppte sich Kutschpony Cindy als stets williges Wanderreitpferd und der dienstbeflissene Vollblutfuchs Guy lief nur noch als Handpferd nebenher und schleppte dabei brav das Reisegepäck, um sich ebenfalls wichtig fühlen zu dürfen. Beeindruckender Weise absolvierte Cindy sogar nach einer schlimmen Verletzung, aufgrund der sie eines ihrer Augen verlor, weiterhin problemlos Orientierungsritte in fremdem Gelände und trug ihre Besitzerin mit schlafwandlerischer Selbstsicherheit zuverlässig über Stock und Stein. Als Cindy jedoch mit ECS und Arthrose altersbedingt zunehmend gesundheitliche Baustellen entwickelte, entschied die Besitzerin, ihre Kleine sollte in ihrer Rentnerzeit auf unseren Weiden leben dürfen, wo Jahre zuvor schon der große Kumpel Guy seine letzten Tage glücklich grasend verbracht hatte. |
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Pocos Little Lucy |
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"Lucy ist eine verlorene Seele", so beschrieb ihre Besitzerin mir die braune Quarter Horse Stute bei der Stallbesichtigung und schilderte das unlösbare Dilemma, unter dem Lucy litt: In der Box war Lucy kreuzunglücklich, weil sie lieber mit anderen Pferden draußen sein wollte - aber in den bisherigen Offenställen war Lucy jedes Mal am Rande eines Nervenzusammenbruches und rannte bis zur völligen Erschöpfung, wenn andere Herdenmitglieder zum täglichen Training aus der Gruppe genommen wurden. Am Ende fehlte Lucy die Ruhe, um sich zum Schlafen hinzulegen, weshalb sie vor Übermüdung unter Pseudonarkolepsie und Epilepsie-ähnlichen Zusammenbrüchen litt. Wir haben gemeinsam entschieden, dass Lucy die Chance bekommen sollte, in unserer Gnadenhof-Herde ein Stress-ärmeres Leben führen zu dürfen, weil wir die Hoffnung hegten, dass ihre Anfälle hier seltener werden könnten, wenn Lucy unter Gnadenbrotpferden fernab vom üblichen Reitstall-Tohuwabohu Entspannung findet. Und schon am Tag nach ihrem Einzug war für alle offensichtlich: Die verlorene Seele Lucy wurde gefunden. Zwischen Schimmelsenior Capodanno und Lucy war es Liebe auf den ersten Blick, und die beiden ergänzten sich ganz wunderbar in ihren Bedürfnissen. Capodanno konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als seine Frau Lucy gegenüber allen anderen Pferden für sich zu beanspruchen und eifrig jeden ihrer Schritte zu bewachen, und Lucy war heilfroh, endlich einem starken Mann an ihrer Seite all 'die Verantwortung für schwierige Entscheidungen abtreten zu können, die sie vorher so sehr überfordert hatte, und sich von ihm von früh bis spät anbeten und verwöhnen zu lassen. |
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Harmony |
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"Wenn Harmony nicht in die Gnadenhof-Herde aufgenommen wird, ist das ihr Todesurteil!" ,sagte die Besitzerin der dunkelbraunen Stute, "Harmony hält in ihrer Box keine weitere Woche mehr durch!" Dabei war Harmony eigentlich bis auf ein bisschen Arthrose nicht wirklich körperlich krank. Eigentlich war sie auch eine besonders hübsche dunkelbraune Stute mit einem außergewöhnlichen wie Blattgold schimmernden größeren Fleck, der ihrer Kehrseite ein irgendwie märchenhaftes Aussehen verlieh? Doch ihre sensible Seele ertrug das ganz normale Leben als Pferd in einem Reitstall einfach nicht - obwohl ihre durchaus bemühten Besitzer aus Rücksicht auf die HWS-Arthrose schon länger aufs Reiten verzichteten, obwohl sie für Harmony weder Kosten noch Mühe gescheut hatten, ihr eine Paddockbox in Extragröße zur Verfügung zu stellen, obwohl sie sich liebevoll bemühten, sie durch Futter abzulenken, wenn sie sich mal wieder so sehr in ihre hysterischen Zustände hineinsteigerte, dass sie nur noch in ihrer Box in die Runde galoppierte, bis der Körper am Ende seiner Kräfte war und sie mal wieder vor den Augen der entsetzten Stallgemeinschaft schweißüberströmt kollabierte. "Die ist komplett irre!", kommentierte die Stallgemeinschaft, "Lasst sie doch endlich einschläfern!" Trotzdem wollten Harmonys Besitzer nicht aufgeben, sondern ihr durch den Umzug auf unseren Gnadenhof eine allerletzte Chance geben - und hofften, dass ein Wunder geschehen möge, dass die in meiner Herde herrschende Ruhe heilsam sein könnte und dass dadurch auch Harmony inneren Frieden finden könnte? Wie hätte ich da "Nein" sagen können, zu oft hatte ich doch erlebt, wie sehr das ständige Kommen und Gehen in Reitställen an den Nerven sensibler Pferde zerren kann? So kam der Tag, an dem Harmony einziehen durfte, und wir hofften und drückten die Daumen, ob aus Hysterie Harmonie werden würde? Während ich am Paddockzaun des Integrationsbereiches stand und Harmony kritisch beäugte, wie sie Hysterie ausstrahlend ruhelos mal den einen, mal den anderen Vorderhuf zuckend in der Luft bewegte und dabei mit dem Hals kreiste, dass der Kopf in die Runde schwang, als sei er an einem unsichtbaren außer Kontrolle geratenen Riesenrad auf Amphetamin festgeschnallt - wohlgemerkt während alle anderen Neuzugänge unseres Einzugswochenendes ruhig an den Raufen standen und Heu knabberten - währenddessen standen die Besitzerinnen über das ganze Gesicht strahlend neben mir und verkündeten hellauf begeistert: "Sie ist schon so viel ruhiger, und das am ersten Tag!" Ich muss die Besitzer völlig verdattert angeguckt haben angesichts dieser für mich schwer nachvollziehbaren Einschätzung, denn ich wusste in diesem Moment nicht, welche Vorstellung ich schlimmer fand: Pferdebesitzer mit wahnhaft verzerrten Wahrnehmungen bezüglich des eigenen Pferdes oder die Möglichkeit, dass sich dieser wandelnde hysterische Anfall im alten Stall noch wesentlich schlimmer aufgeführt haben sollte?! Zu Ehrenrettung der sehr sympathischen Besitzer möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass mir im Nachhinein diverse Videos gezeigt worden sind, wie ihre Stute mit irrem Blick in der eigenen Box in die Runde galoppiert, als seien tausend wütende Teufel hinter ihr her ... und auch von mehreren Besuchern, die die hysterische Version von Harmony aus dem alten Stall kannten, ist mir dieses Verhalten inzwischen bestätigt worden. Wichtige Info für alle, die das schon immer wissen wollten: Es ist tatsächlich für ein großes Warmblutpferd real möglich, in der Enge einer Box im Renngalopp Achten zu galoppieren, wenn es sich nur ausreichend in unbegründete Aufregung hineinsteigert. Bleibt nur noch zu erzählen, wie es mit Harmony weiterging, ob ihre Geschichte ein märchenhaft gutes Ende nimmt? Das kleine pummelige Fjordpferchen Donar verliebte sich noch in der Einzugswoche unsterblich in die große hochbeinige Harmony, und Harmony verliebte sich zeitgleich genauso unsterblich in Donar. Da erstens Donar sich rassebedingt standhaft weigerte, mit Harmony zusammen Achten im Renngalopp zu galoppieren, und da zweitens verliebt dem Herzblatt in die Augen schauen besser geht, wenn man den Kopf nicht ständig hysterisch rotieren lässt, und da drittens gemeinsam gemütlich grasend nebeneinander im Sonnenuntergang über eine riesige Weide wandern mit einer großen Herde erst mit am Boden stehenden Vorderhufen so richtig gut klappt, so wurde im Laufe weniger Tage am Ende der Geschichte tatsächlich aus Hysterie Harmonie ... Und wie bei einem guten Märchen endet die Geschichte damit, dass Harmony, wenn sie nicht gestorben sind, immernoch mit ihren Pferdefreunden (inzwischen sind es sogar mehrere, weil Harmony ein sehr charmantes Mädel sein kann, wenn sie denn will) grasend über die Weiden unseres Gnadenhofes wandert und dabei funkelt der blattgoldene Fleck auf ihrem Po in der Sonne, denn sie ist einfach nur so entspannt und so glücklich, wie ein Pferd nur sein kann. |
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Pablo |
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Der wunderschöne wallemähnige Spanier Pablo hatte zusammen mit dem Carmarguepferd Sultan Gris lange Jahre ein zufriedenes Leben als Freizeitpferd im Offenstall hinter dem Haus seiner Besitzer leben dürfen. Doch als sein einziger behufter Freund zunehmend altersschwach wurde, machten sich seine Besitzer Sorgen, wie Pablo auf den Verlust von Sultan reagieren würde, wenn er dann vorhersehbar plötzlich allein zurückbliebe. Daher entschieden sie im Sinne von Pablo, dass er gemeinsam mit Sultan umziehen und in unserer Herde ein neues Zuhause finden durfte, damit er andere behufte Kumpels finden möge, die ihm über den Verlust vom Sultan hinweghelfen konnten. So geschah es, dass Pablo zwar in den Tagen nach Sultans Tod die allerschönsten allerlängsten Strähnen seiner spanischen Wallemähne abgeknabbert bekam von seinen neuen Pferdefreunden, aber aus Pablos Sicht war ein tröstendes Mähneknabbern in dieser Situation wesentlich wichtiger als die Optik. Wir müssen Pablo zwar insofern Recht geben, dass auch uns ein zufriedener Pablo mit abgekauter Mähne lieber ist als ein walle-mähniger unglücklicher Pablo, aber insgeheim klammern wir uns an die einzige Hoffnung, die uns bleibt: Mähnenhaare wachsen nach, und wenn wir nur ein kleines bisschen Geduld haben, ist unser wunderhübscher Pablo mit etwas Glück bald wieder so walle-mähnig wie bei seinem Einzug! |
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Dónar von der Friedeburg |
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Als erstes original waschechtes Fjordpferd auf unserem Hof ist unser Dónar schon etwas Besonderes. Dónar ist genau richtig groß für ein Fjordpferd und genau richtig breit für ein Fjordpferd. Dónar ist genau richtig Falbe-farben und Dónar hat die weltbeste zweifarbige Wuschelmähne, die ein reinrassiges Fjordpferd nur haben kann, und den original Fjordpferd-Aalstrich, den hat Dónar natürlich auch. Das Wichtigste jedoch ist, dass Dónar ein kluges Kerlchen ist und deshalb sehr genau weiß, wie gut er darin ist, als Fjordpferd genau richtig zu sein, und er ist mächtig stolz auf sich und seine diesbezügliche Leistung. Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass Dónar schon kurz nach seinem Einzug auf unserem Gnadenhof zu unser aller Erheiterung als körperlich Kleinster in der Gruppe der Neuzugänge nicht nur binnen kürzester Zeit der Chef-Wallach von 7 anderen Pferden geworden ist, die allesamt größer waren als er, sondern dass er zu allem Überfluss auch noch mit Harmony die allergrößte Stute dieser Gruppe für sich beansprucht hat, um sie im Bedarfsfalle allein durch den entschlossenen Blick eines von sich selbst überzeugten Fjordpferdes vehement gegen alle anderen zu verteidigen. Damit dürfte hinreichend bewiesen sein, dass Dónar als original waschechtes Fjordpferd eben etwas ganz Besonderes ist, denn wie sonst hätte er als körperlich Kleinster eine solch steile Karriere in der Pferdegesellschaft hinlegen können? Ich persönlich glaube, dass Dónar ziemlich stolz auf seine Leistung ist, und wenn wir ihn beobachten, dann können wir gar nicht anders, als auch zumindest ein kleines bisschen stolz auf unser erstes waschechtes Fjordpferd sein. |
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Britanja |
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Die Endmaßponystute Britanja hatte Glück im Unglück, denn als ihre jetzige Besitzerin sie zum ersten Mal sah, tat dieser die verschreckt wirkende Remonte so leid, dass sie die Grauschimmelstute spontan gekauft hat. Trotz des eher ungünstigen Startes in ein Reitpony-Leben haben die Besitzerin und die nur noch Püppi genannte Britanja geschafft, zu einem Dream Team zusammenzuwachsen, auch wenn das Reiten aufgrund von Püppis Vorgeschichte beim ersten Anreiteversuch der Vorbesitzer nie die Hauptrolle gespielt hat. Als Püppi hier auf dem Gnadenhof eingezogen ist, wusste die inzwischen schlohweiße Ponystute gleichermaßen die Herde der Gnadenbrotpferde mit ihrem souveränen Sozialverhalten und uns Menschen mit gut einstudierten Zirzensik-Lektionen zu beeindrucken. Wir dürfen also alle noch gespannt sein, welche selbstgesteckten Ziele die selbstbewusste Püppi hier in unserer Herde noch zu verwirklichen versucht? |
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Asterix |
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Der braune Wallach, den die Besitzerin von Asterix als Freizeitpferd gekauft hatte, entpuppte sich zwar bei genauerer Recherche als original Trabrennpferd. Nichtsdestotrotz war Asterix lange Jahre genau der stets freundliche, stets zuverlässige behufte Kumpel zum Spazieren reiten, den die Besitzerin sich gewünscht hatte, auch vor der Kutsche machte er eine gute Figur oder trug brav die kleine Tochter der Familie auf seinem Rücken. Mit zunehmendem Alter und den zugehörigen Zipperlein jedoch wurde schweren Herzens entschieden, Asterix in unsere Gnadenbrot-Herde umziehen zu lassen, weil er in der bisherigen Gruppenhaltung immer mehr ins Abseits geriet und zuletzt immer mehr von den jüngeren Pferden herumgeschickt wurde. Kaum angekommen, fand er in Pablo einen netten neuen Lieblingskumpel, hinter dessen breiten Rücken er sich in den ersten Tagen jederzeit verstecken durfte, wenn ein anderes Herdenmitglied beim Kennenlernen zu forsch für Asterix` Geschmack war. So dauerte es nicht lange bis Asterix friedlich grasend mit der großen Herde über die Weiden zog, und wir drücken dem liebenswürdigen Oldie alle Daumen, dass er genau das noch eine sehr lange Zeit machen wird. |
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Hemmingway |
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Hemmingways Besitzerin fragte mich bezüglich der Möglichkeiten, ihr arthrosegeplagtes älteres Sportpferd in meine Offenstallhaltung zu übernehmen, weil Hemmingway vom Tierarzt angesichts der mangelnden Bewegungsmöglichkeit in Boxhaltung eine vorsichtig formuliert sehr ungünstige Prognose bezüglich der Überlebenschancen im nächsten Winter gestellt bekommen hatte. Dabei stellte sie allerdings direkt klar, dass Hemmingway wohlbegründet seit sie ihn als Remonte von einer Sportpferde-Versteigerung weg gekauft hatte in einer Einzelbox und ohne direkten Kontakt mit anderen Pferden hatte leben müssen, weil er leider komplett unverträglich sei. In der Vergangenheit sei er nicht nur dadurch negativ aufgefallen, dass er bei Versuchen der Vergesellschaftung auf einer Weide andere Pferde massiv angegriffen hätte, auch eine Box mit Fensterchen zum Rausgucken hätte er räumen müssen, nachdem er aus dem Fenster heraus Pferde auf gefährliche Weise attackiert hätte, wenn diese vorbeigeführt wurden, so dass für ihn nur noch eine bis oben vergitterte Box in der hintersten Ecke der Stallgasse möglich schien, um seine Umwelt vor seinen Aggressionen zu schützen. Das klang alles nicht gerade nach einem Wunschkandidaten für meine Herde? Doch als sie mir ein Foto von Hemmingway zeigte, sah ich in seine dunkelbraunen Augen und hatte das Gefühl, in ihrer endlosen Dunkelheit wie in der Tiefe eines nachtschwarzen Sees zu ertrinken. Ich erahnte die tiefe Sehnsucht, die darin lag. "Hemmingway darf einziehen!" hörte ich mich selbst sagen, "Ich bin sicher, er passt perfekt in unsere Herde und wird sich problemlos einfügen - das haben bisher alle schwierigen Charaktere getan, weil die friedliche Stimmung der Herde sich auf Neuzugänge überträgt!" Als Hemmingway kurz darauf in unserer Einfahrt vom Anhänger stieg, war er ein schockierender Anblick, denn er war nicht nur schweißbedeckt vor Stress, nein, das Blut lief ihm das Gesicht herunter, weil er offensichtlich Schwierigkeiten gehabt hatte, sich mit der Idee anzufreunden, heute Anhänger zu fahren. Die Besitzerin entschuldigte sich und erzählte: "Dieses Mal ist Hemmingway wenigstens nur leicht verletzt, das wird problemlos heilen. Beim Verladen neigt er leider dazu, völlig zu eskalieren, und hat sich dabei einmal durch wildes Kopfschlagen so übel verletzt, dass er sich selbst den Schädelknochen eingeschlagen hat, und das Gehirn in der Wunde zu sehen war, da musste er nicht nur lange in der Klinik stehen, bis das verheilt war, sondern an der Stirn ist auch bis heute ein Loch im Knochen, wo nur Fell über dem Gehirn ist!" Ich habe dann Anweisung gegeben, Hemmingway erstmal zum Runterkommen nach der Hängerfahrt in der Reithalle frei laufen zu lassen, und hier sollte er auch das erste Pferd aus unserer Herde kennen lernen, was ihm dann bei der Eingliederung helfen sollte. Ich hatte Püppi ausgewählt, weil diese ebenfalls neu auf dem Hof war und bisher sichtlich unzufrieden damit, dass sie noch keinen ihrem Geschmack entsprechenden Wallach hatte bezirzen können? Da Püppi`s Männergeschmack laut Besitzerin "groß, dunkel, dominant" präferierte, und da Püppi eine durchaus sehr selbstbewußte und körperlich fitte Stute war, hoffte ich auf ein Match? Hemmingways Besitzerin dagegen war bei Püppi`s Anblick entsetzt und fragte sofort: "Ein Reitpony? Wieso um alles in der Welt hast Du ausgerechnet das kleinste Pferd Deiner Herde ausgewählt anstatt irgendwas "wehrhafteres"? Ich habe Angst, dass Hemmingway die Kleine umbringt?" Doch als wir die beiden Pferde in der Reithalle zusammen laufen ließen, war von Aggression keine Spur zu sehen, Hemmingway schien zwar überaus überrascht, dass er eine so nette kleine Stute zur Gesellschaft zugeteilt bekommen hatte nach so langer Zeit ganz allein, aber wirkte durchaus freundlich interessiert und ließ sich auf Höflichkeit bedacht von der kleinen, aber resoluten Püppi zur Seite schicken - sicherlich nicht im Glauben, er sei körperlich unterlegen, sondern eher aus Unsicherheit, was um alles in der Welt man denn nun als Pferd tut, wenn man unerwartet auf einen Artgenossen trifft, aber immerhin? Nach dem Kennenlernen in der Reithalle ging es auf eine separate Weide, wo weiter alles friedlich blieb und wo Hemmingway sichtlich Spaß daran hatte, endlich einmal auf einer großen Bergweide auszutesten, wie schnell man so einen Berghang hoch und runter galoppieren kann und große Runden rennen, denn seine letzte Auslauffläche hatte nur etwa die Breite eines Scheunentores gehabt und laut Angabe der Besitzerin wohl eher dazu eingeladen, am Tor zu stehen und zu warten, wann man zurück in die Box geholt wird, wo es Futter gibt? Nach dem guten Start habe ich dann am nächsten Tag Püppi und Hemmingway auf die andere Weide hinüber gebracht zur großen Herde und war vom ersten Moment an begeistert, wie viel Mühe Hemmingway sich gab, um sich einzufügen. Meine Prognose war genau richtig gewesen, auf der riesigen Weidefläche in einer Herde von fast 30 Pferden hatte Hemmingway überhaupt keine Ambitionen, mit irgendwem Streit anzufangen - er war einfach nur happy über diese Chance auf ein ganz neues Leben und wünschte sich nichts mehr, als dazu zu gehören? Natürlich ging ich auf Nummer sicher und beobachtete die Situation genau, immerhin wollte ich sofort zur Stelle sein, wenn es doch einmal Probleme geben sollte. Doch entgegen der ängstlichen Prognosen der Besitzerin zeigte der kluge alte Hemmingway ein Verhalten, was mich absolut begeisterte: Er beobachtete die Herde aus sicherer Entfernung ganz genau bei der Interaktion, schien wie ein eifriger Schüler alles Wissen aufzusaugen, was die anderen Pferde in der Herde ganz selbstverständlich wussten und was ihm fehlte: "Wie kommuniziert man, wie interagiert man als Pferd in einer Herde?" Gleich jemandem, der eine neue Sprache mühsam erlernen muss, schien auch Hemmingway mit jedem neuen Tag mehr Vokabeln zu lernen, mehr Grammatikregeln zu verstehen. Die Herde tolerierte ihn von Anfang an friedlich mit Abstand an ihrem Rand, ohne dass es Streit gab, und immer wieder einmal ging eines der Herdenmitglieder zu Hemmingway hin, wie um zu verhandeln, ob er genug Pferdesprache gelernt hätte, ob er vollwertiges Mitglied der Herde werden dürfte, ob er die Bedingungen akzeptieren würde? Hemmingway schien sich noch nie in seinem Leben etwas so sehr gewünscht zu haben, wie zu dieser großen Herde zu gehören. Irgendwann kam der Tag, an dem Hemmingway Püppi`s Einladung folgte, vom Rand der Herde bis mitten in die Herde rein, langsam grasend bewegten sich die Pferde über das Gras, und Hemmingway schien endlich willkommen zu sein in ihrer Mitte, kein angelegtes Ohr, keine langgezogene Nüster schickte ihn zurück auf seinen Platz am Rand der Gruppe. Eine ganze Weile grasten die Pferde friedlich, Hemmingway mit Püppi in ihrer Mitte, umgeben von dem Frieden, den nur die Sicherheit einer großen Herde der Pferdeseele schenken kann. Irgendwann hob Hemmingway den Kopf und blickte zu mir hinüber, wie ich am Zaun der großen Weide stand. Seinen dunkelbraunen Augen strahlten hell, und in ihnen stand das pure Glück. |
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Relia |
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Nachdem unsere ältere Pferdedame Lobelia nacheinander ihre beiden besten Pferdefreundinnen Lady Germina und Baroness verloren hatte, und damit das in unserer Herde seit langen Jahren bestehende Trio auf nur noch eine einsame Old Lady geschrumpft war, habe ich versucht, für die stark trauernde Lobelia aus der Liste der Stallplatzbewerber zum nächsten Aufnahmetermin genau die ältere Stute herauszupicken, die für Lobelia als neue Freundin passen würde? Eine schwierige Aufgabe, denn immerhin musste ich meine Auswahl, wer den begehrten Stallplatz bekommen soll, nur aufgrund von Foto und Beschreibung der Besitzer treffen? Wie so oft wünschte ich mir, es gäbe die Möglichkeit einer Art Speed Dating für Pferde, wo ich Lobelia auf einen Stuhl an einen kleinen Tisch setzen könnte, dann nehmen nacheinander verschiedene fremde Stuten auf dem Stuhl gegenüber Platz und nachdem die Damen alle je eine kleine Weile geplaudert haben, lasse ich auf Kärtchen von allen Pferden ankreuzen, wer wen sympathisch findet, möglichst mit Punktevergabe, damit ich ganz auf Nummer sicher gehen und ein Match auswählen kann? Da das Pferde-Speed-Dating noch nicht erfunden wurde, musste ich die Wahl für Lobelia auf herkömmliche Art treffen, alle Bewerber sichten, eine Nacht drüber schlafen und dann auf mein Bauchgefühl hören. Mein Bauchgefühl sagte ganz klar "Ja für Relia", und damit durfte die hübsche Fuchsstute einziehen. Nachdem Relia gesundheitlich in der letzten Zeit einige Baustellen entwickelt hatte von Kissing Spines über Hufrehe bis hin zu einer ominösen Riesenbeule am Hals, die nach dem Abheilen Relias Längsachse krumm wie einen Flitzebogen zurückgelassen hatte, war es für Relia sicherlich eine gute Entscheidung, keine weiteren Versuche bezüglich eines Wieder-Auftrainieren mit dem Ziel der Wiedererlangung einer Reitbarkeit zu unternehmen, immerhin war sie auch nicht mehr die Allerjüngste. Ich war vom ersten Tag an begeistert von Relia. Ich fand Relia nicht nur wunderhübsch mit ihrem leuchtend roten Fell und ihrer schmalen Blesse, sondern auch überaus liebenswürdig und sie war wirklich gut erzogen, was im täglichen Umgang natürlich sehr angenehm für alle Beteiligten ist. Leider war ich mir nicht so sicher, was Lobelia von Relia hält, denn die reagierte - typisch für ein stark trauerndes altes Mädchen - erst einmal verhalten darauf, dass sie jetzt zu einer wildfremden Stute in einen separaten Stallbereich ziehen sollte, und dann machte die fremde Stute noch Anstalten, aufgrund körperlicher Fitness ranghöher sein zu wollen als Lobelia, die bisher in ihrer Runde der älteren Damen als die Fitteste immer den Ton angegeben hatte? Doch das Blatt wendete sich unerwartet, als ich das erste Mal die große Herde auf die Winterweide aussperrte zum Ausmisten der Aktivstallanlage und danach Lobelia und Relia eine Weile durch die Aktivsstallanlage trapsen ließ. Für Lobelia war das alles vertrautes Terrain, immerhin lebte sie seit Jahren mit unserer Herde in dieser Aktivstallanlage. Ganz anders war die Situation für Relia, die im ersten Moment unsicher vom übersichtlichen Sandpaddock in Richtung auf die Laufwege hinaustrat und nach Orientierung suchte, weil das alles in den ersten Minuten doch arg unübersichtlich schien. Wohin sollte man da laufen als Pferd, rechtsherum, links herum, zu viele Möglichkeiten? In diesem Moment schlug Lobelias Stunde: Nur kurz stupste sie die neue Bekannte an, die Blicke trafen sich. "Komm mit mir, ich habe den Überblick, ich zeige Dir gern alles!", schien Lobelia zu Relia zu sagen. Zu Relias Überraschung war Lobelia eine perfekte Fremdenführerin, sie marschierte ohne Zögern voraus, und Relia folgte ihr staunend: rein in den Stall mit Gummiboden, kurz am Leckstein schlecken, raus zu den Strohraufen, etwas Stroh zupfen, rein in den Strohstall, Bällchen anschubsen, wieder raus und rüber zu der Rundraufe mit der Heulage, bisschen fressen, vor zur Selbsttränke für einen kurzen erfrischenden Schluck, dann zur Futterrinne, paar Krümel Müsli rechts gefunden, links Futterrinne kontrolliert und Portion Hafer aus dem Automaten abgestaubt, dann rundherum die lange Reihe der Heuraufen ablaufen, mal hier, mal da Heu snacken, noch ein Stroh-Stall, andere Bälle zum Anschubsen, andere Salzlecksteine zum Schlecken, noch eine Rundraufe mit Heulage, hinten zum Spänestall, sich ein kleines Schlückchen aus der anderen Selbsttränke genehmigen ... Relia war fassungslos angesichts der schlafwandlerischen Sicherheit, mit der sich Lobelia tiefenentspannt in der weitläufigen Stallanlage hin und her bewegte. Als ich nach einer Weile die beiden Stuten zurück auf ihren Paddock brachte, sah Relia Lobelia mit ganz anderen Augen an als vorher, als wollte sie sagen: "Wow, die Lobelia, die habe ich total unterschätzt - die gehört trotz der grauen Haare im Gesicht noch nicht zum alten Eisen, sondern die hat es echt drauf!" Und Lobelia, die vorher keinen Bock auf die Rolle als Rangniedere in der neuen Beziehung gehabt hatte? Die verzieh`Relia großzügig ihre anfängliche Fehleinschätzung, denn gute Ranghöhere sind nicht nachtragend ... und darum war Lobelia auch sehr gern bereit, die neue ranghöhere allerbeste Freundin von der sie ab sofort inbrünstig bewundernden Relia zu werden? So kam es, dass die beiden nach der Eingliederung in die große Herde schon nach kurzer Zeit ein eingespieltes Team wurden, beste Freundinnen, wie ich es mir nicht besser hätte wünschen können. Wenn irgendwas zu entscheiden war, wohin gehen wir, wo fressen wir, dann durfte Lobelia entscheiden, und Relia folgte ihr, denn Relia hätte niemals angezweifelt, dass die kluge alte Lobelia die besten Entscheidungen traf. Doch wenn ein anderes Pferd den beiden älteren Damen zu aufdringlich war, dann schlug Relias Stunde und sie als die Fittere von beiden schickte die Nervensäge mit einem bösen Blick auf Distanz, damit die alte Lobelia sich an ihrer Seite entspannen konnte. Binnen kürzester Zeit haben die beiden Pferdedamen den Spitznamen das "rotschwarze Pas-De-Deux" bekommen, weil sie so unzertrennlich waren. So hatte ich am Ende wohl doch ein perfektes Match gefunden, wo beide Stuten mit der jeweils anderen rundum happy waren als beste Freundinnen? |
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Naila |
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Das Wort Naila kann zwei Bedeutungen haben, eine davon ist "Die Siegreiche". Turniersiege waren auch vielleicht das, worauf ihre junge Besitzerin ursprünglich gehofft hatte, um den reiterlichen Erfolgen der Mutter nachzueifern? Grund zu der Hoffnung gab es genug, immerhin war Naila wunderhübsch mit ihrem gescheckten Fell und hätte mit ihrem sportlichen Körperbau sicherlich auf jedem Turnierplatz alle Blicke auf sich gezogen. Auch war Naila vom Anreiten an wirklich gut ausgebildet worden, hatte begeistert Dressurlektionen gelernt und sprang eifrig über jedes Hindernis. Da Naila außerdem noch ausgesprochen freundlich zu Kindern war, und sie geduldig bei ersten Reitversuchen auf ihrem Rücken trug, hätte man sie für das perfekte Sportpony einer jungen Reiterin halten können, ideal um reiten zu lernen und dann erste Schleifchen zu sammeln. Doch manchmal ist das Gewinnen von Schleifchen auf Turnieren nicht das, was ein kleines Pony sich erträumt, auch nicht, wenn es körperlich alle Voraussetzungen zu haben scheint und den möglichen Sieg schon im Namen trägt. Die zweite Bedeutung des Wortes Naila ist "das Paradies", und immer öfter schien es der Besitzerin so, dass Naila aus ihrer Ponysicht der Dinge betrachtet eben nicht gerade im Paradies lebte, sondern in einer sie emotional überfordernden Welt des Turnierstalles. Paradiesische Trainingsmöglichkeiten bot dieser Turnierstall sicherlich, großzügige Reitplätze und Reithallen und doch blickte Naila aus ihrer kleinen Box heraus über einen Hof, auf dem immer irgendwie Unruhe zu herrschen schien. Mal ratterte das Laufband, mal wurden Pferde hin und her geführt oder Verladen, dann waren Aufbau- und Abbauarbeiten zur Vorbereitung eines Lehrganges oder Turnieres im Gange. Naila blickte auf diesen Hof und war gestresst. Auch auf den Stallgassen war immer etwas los, Menschen kamen und gingen, holten Pferde aus den Boxen, versorgten sie, brachten andere Pferde vom Paddock rein. Naila blickte auf die Stallgasse, auf das hektische Treiben, und war gestresst. Wenn Naila zum Training in die Reithalle geholt wurde, waren in der Reithalle zusammen mit ihr andere Pferde, die trainiert wurden, und wenn Naila aus den großflächigen Fenstern der Reithalle hinausschaute, sah sie auf der einen Seite der Reithalle einen Parkplatz, wo ständiges Kommen und Gehen herrschte, auf der anderen Seite einen Reitplatz, wo noch mehr Menschen noch mehr Pferde trainierten, und diese ganze Hektik übertrug sich auf Naila. Sweet Little Naila, die eigentlich ihrem Namen gemäß klein und süß war und die immer alles richtig machen wollte, um ihrer Besitzerin zu gefallen, Naila hielt diese ständige Unruhe nicht aus, es war einfach zu viel Stress für sie. Paradiesische Trainingsmöglichkeiten bedeuten nicht unbedingt ein paradiesisches Lebensumfeld aus der Sicht eines sensiblen kleinen Ponys. Es machte keinen Unterschied, ob die junge Besitzerin sie ritt oder ihre Mutter, es machte keinen Unterschied, ob die eine oder die andere Pflegebeteiligung sich um Naila kümmerte, Naila war das alles viel zu viel, sie ertrug es nicht, sie konnte es nicht ertragen. Ein Fleckenpony, was als Fellzeichnung ein süßes kleines rotes Herz auf weißem Grund im Gesicht trägt, dem sollte das Herz nicht an immer mehr Tagen so schwer sein, dass es das eigene Leben kaum noch ertragen kann. Naila schien ihrem Namen nicht gerecht zu werden, und dass, obwohl es kaum ein bemühteres Pony wird geben können. Kann ein Pony psychosomatisch krank werden? Sweet Little Naila wurde krank, einmal, zweimal, dreimal, und statt gesund immer nur noch kränker. Erst lahmte sie auf dem einen Bein, dann tat der Rücken weh, dann hustete das kleine Pony sich die Seele aus dem Leib, dann lahmte sie auf dem anderen Bein. Die Besitzer investierten viel Geld in Tierärzte. Naila wurde geröntgt, es wurde Ultraschall gemacht, Naila bekam eine Bronchoskopie und wurde mit allen erdenklichen Therapien behandelt. Was Naila dabei jedoch nicht wurde, war gesund. Was sie auch nicht wurde, war glücklich. Stattdessen bekam Naila Angst vor Tierärzten. Stattdessen wurde Naila nur immer noch gestresster, und damit wurde sie noch häufiger noch kränker. Anstatt ihre junge Besitzerin in den Einsteigerprüfungen von Turniersieg zu Turniersieg zu tragen, trug Naila sie immer öfter nur darum zur gebuchten Reitstunde, um dort nach der ersten Runde "Naila ist schon wieder lahm, stell` sie in die Box zurück" zu hören. Als am Ende eine Nutzung als normales Reitpferd dauerhaft ausgeschlossen werden musste, wechselte Naila für einen symbolischen Euro den Besitzer, um bei uns auf dem Gnadenhof einziehen zu dürfen. Hier kaum dem Anhänger entstiegen, wurde sie in unsere Reithalle gebracht, die bei uns ja eher als überdachter Pferdespielplatz und feinsandiger Wälzbereich genutzt wird. Naila war so gestresst, dass sie sich kaum trauen mochte, sich in dieser Reithalle freilaufend von A nach B zu bewegen, um sich alles anzugucken oder sich das schwitzige Fell im Sand angenehm trocken zu wälzen. Ihre Augen kullerten von rechts nach links, das Weiße war darin zu sehen, Naila war völlig überfordert mit allem und schien dies genauso als Dauerzustand zu kennen wie ihre Besitzer. Doch nach ein paar Tagen auf den großen Sommerweiden mit der Sicherheit gebenden Herde, ohne den Trubel eines Reitstalles, ohne Menschen, die ständig an ihr herumfummelten und mal dies, mal jenes von ihr wollten, da fing Sweet Little Naila an, sich in ihr neues Leben als Frührentner einzugewöhnen. Sie hatte zuvor nie in einer großen Herde auf 24 Stunden-Weide gelebt, als typisches Box Pferd nur stundenweise Zeit mit einem älteren Wallach auf einer kleinen Koppel verbringen dürfen. Der kleine Kiss war auf der gleichen Koppel wie Naila gelandet, weil er zufällig der gleichen Besitzerin gehört hatte, aber wirklich gern leiden gemocht hatte Naila ihn nicht, sie war ihm eher schüchtern aus dem Weg gegangen. Doch Naila sah schon bald nach ihrem Umzug, dass das hier ein ganz neues Leben sein konnte, und was sie sah, gefiel ihr: Statt der Hektik des Turnierstalles die Ruhe des Gnadenhofes, statt der Enge der Box die Weite der Weiden unter dem unendlichen blauen Himmel, statt ihre innere Anspannung verstärkendem Kraftfutter saftiges Gras und eine Vielzahl von Kräutern zum entspannten Sattfressen, und statt der Menschen mit ihren ständig wechselnden Wünschen, die zu erfüllen Naila so oft überfordert hatte, in Zukunft nur noch die natürliche Gemeinschaft einer Sicherheit gebenden Herde. In dieser Herde schläft Naila nicht mehr allein, sondern Rücken an Rücken, Po an Po angekuschelt an ihre neuen besten Freundinnen Khaltraa und Cindy. Khaltraa`s Ahnen stammten aus den halbwilden Herden der Mongolei, wer so eine Freundin hat, der braucht sich noch nicht einmal vor Wölfen gruseln, denn kein Wolf würde sich in die Nähe einer wutschnaubend um sich tretenden Mongolin trauen, die ihre Pferdefreunde verteidigt. Der braune Labrador eines Spaziergängers jedenfalls floh panisch, als Khaltraa ihm mit gebleckten Zähnen klar machte, dass er auf der Weide nichts zu suchen und auf seiner Seite des Zauns zu bleiben hätte, und das wirkte für Naila schon ziemlich vertrauenserweckend. Die ältere Cindy dagegen strahlt eine seltene Ruhe aus, die man nur aus einem langen Leben als Fahrpony oder Wanderreitpferd gewinnen kann. Cindy hat zwar nur noch ein Auge, aber das spielt keine Rolle, denn es gibt kein Motorrad und keine Landmaschine, die Cindy nicht schon gesehen hat, so dass Naila sich stets drauf verlassen kann, wenn Cindy noch nicht einmal mit dem Ohr wackelt, ist alles in bester Ordnung. Dann ist da noch Kanon, der einen superguten Coach abgibt, wenn es darum geht, wo man wann was am leckersten fressen könnte. Kanon ist eine wandelnde Fressmaschine, und da er zwei Jahre länger als Naila in der großen Herde lebt, kennt er sich bestens aus - klar, dass Naila schnell raushatte, wie deliziös man speisen kann, wenn man einfach vertrauensvoll hinter ihm her tapert und spickt, was Kanon gerade knabbert? Außerdem krault Kanon genau wie Cindy und Khaltraa prima Mähnchen und Naila hat zum Glück genau die richtige Größe, um sich bequem kraulen zu lassen und dann natürlich auch zurück zu kraulen. Mähnchen kraulen mit den Freunden ist Balsam für eine gestresste Ponyseele und wirksamer als es ein Medikament von Tierarzt je sein könnte, außerdem lockert nichts einen verspannten Rücken so angenehm, das weiß jeder, der Hufe hat. Am Ende stellt sich die Frage, ob Sweet Little Naila ihrem Namen nicht doch zu Recht trägt: Dass sie süß ist und klein, hätte niemand je bezweifelt. Siegreich ist sie vielleicht auf Turnieren nie gewesen, aber was ein Sieg ist und was nicht, liegt wohl doch auch immer am Blickwinkel des Betrachters? Ich finde, dass es durchaus auch als großer Sieg angesehen werden kann, wenn ein Ponystütchen es schafft, endlich in einem Lebensumfeld wohnen zu dürfen, dass ihren emotionalen Bedürfnissen mehr entspricht als nur ein optimiertes Trainingsumfeld zu bieten. Es setzt immerhin voraus, dass Naila erfolgreich war darin, ihrer jungen Besitzerin beizubringen, dass es von mehr Fair Play dem behuften Sportpartner gegenüber und einem höheren Niveau von Horsemanship zeugen kann, ein Pony in ein anderes Leben abzugeben, als jahrelang vergeblich zu versuchen, aus ihm sportliche Leistungen herauszukitzeln, die es nicht liefern kann - und das erfordert ein sehr hohes Maß emotionaler Intelligenz von einem jungen Mädchen, eigene Bedürfnisse zurückzustellen zugunsten des Wohlergehens des Pferdes und damit eine geistige Reife, die manche wesentlich älteren Möchtegern-PferdeversteherInnen nicht haben und vielleicht auch niemals erreichen werden. So hat am Ende Naila, die Siegreiche, genau das Wichtigste gewonnen, was ein Pony nur gewinnen kann: ein Leben unter den Rahmenbedingungen, die sie glücklich machen und ihr hoffentlich helfen, ihre körperlichen Baustellen zu überwinden. Dabei mag es durchaus sein, dass hier auf dem Gnadenhof die Trainingsbedingungen nicht ganz optimal sind, aber darauf legen zum Glück weder Naila noch ihre neue Besitzerin besonderen Wert. Die neue Besitzerin suchte ein Pony zum liebhaben, ohne irgendeine sportliche Leistung zu verlangen, und zum Glück ist Naila wirklich gut darin, auf der Weide zu stehen und mit ihren Freunden Gras zu fressen und Mähnchen zu kraulen und einfach nur Pferd zu sein, während sie liebgehabt wird. Am Ende bewahrheitet sich so wohl auch die Namensbedeutung "das Paradies", denn wer Naila mit sehenden Augen auf der Weide zwischen ihren neuen Pferdefreunden beobachtet, der wird nicht anzuzweifeln wagen, dass dies genau die Art von Paradies für Pferde ist, welches Naila sich ihr ganzes Leben lang gewünscht hat. Wir drücken Sweet Little Naila zusammen mit ihrer alten und ihrer neuen Familie die Daumen, dass sie hier, in ihrem persönlichen Paradies ihren inneren Frieden findet, damit das verzagte kleine Ponyherz in ihrer Brust im naturnahen Umfeld unserer Herde wieder so Löwenherz-mäßig voller Lebensfreude schlagen lernen wird, wie das rote Herz im Fleckenmuster ihres Fells es symbolisiert. |
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